Wann versagen Werte in Unternehmen? 7 Fallstricke.

Wann versagen Werte in Unternehmen?

Wohl dann, wenn sich niemand daran hält.

Und weshalb hält sich «niemand» daran? Darauf werde ich hier eingehen. Natürlich mache ich darin auch die Verbindung mit Storytelling. Werte und Storytelling gehört für mich zusammen wie das A & O.

Dann gebe ich Ihnen auch gleich Tipps mit: Wie Sie 7 Fallstricke erkennen, die dazu führen, dass Werte in Unternehmen versagen. Und mit welchen Massnahmen Sie die Fallen umgehen. Oder sich wieder daraus befreien.

Hier schon mal der Gruss aus der Küche:

  • Fallstrick Nummer 3 ist, wenn wir den Türsteher nicht beachten.
  • Fallstrick Nummer 4 kommt zum Zug, wenn wir die Firmen-Seele unter den Teppich kehren.
  • Und falls Fallstrick Nummer 6 eintrifft, brauchen Sie dringend ein Gegengift.

Das tönt ja ganz schön nach Krimi-Küche.

Ohne dass ich das wollte, wird es ziemlich dramatisch… Wie im richtigen aufregenden Leben eben.

Wann versagen Werte in Unternehmen? Das frage ich jeweils in den Workshops, die ich leiten darf.

Oft strahlen die Teilnehmer nach diesen Workshops. Sie strahlen auch noch in der Woche danach. Dann überrollt sie der Alltag mit seinen To dos und Herausforderungen. Die Power ist wie weggeblasen.

Es gibt eine philosophische Gegenfrage zur Frage, wann Werte in Unternehmen versagen: Warum ist unsere Welt nicht einfach nur gut und schön?

Warum ist es in Ihrer Welt – Ihrem Unternehmen nicht einfach nur alles gut und schön und warum sind die Mitarbeiter nicht immer so einfach zu überzeugen?

Bevor ich zu den 7 Fallstricken komme, möchte ich definieren, was Werte sind. Denn ich sehe immer wieder, dass Werte mit Bedürfnissen gleichgesetzt werden.

 

Werte: Was bedeutet das eigentlich?

Werte sind Auffassungen, die unsere Entscheidungen bewusst oder unbewusst beeinflussen. Wir vertreten sie als Mensch, als Gruppe bzw. Organisation oder Gesellschaft für Wünschenswertes oder Erstrebenswertes.

Wenn wir unsere Werte nicht nur vertreten, sondern auch leben, drücken wir das mit einer bestimmten Haltung aus und in den Geschichten, die wir erzählen.

Werte sind also in erster Linie Auffassungen. Nach dieser Definition sind es nicht die gern genannten Themen wie «Team» oder «Familie». Doch hinter Team und Familie stecken Werte: Zum Beispiel starke innere Antreiber wie Zusammenhalt oder Sicherheit. 

Ist also «Genug Geld haben» kein Wert?

«Genug Geld haben» ist ein Bedürfnis. Es wird durch Werte wie Wohlbefinden, Freiheit, Sicherheit geweckt. Nach Werten streben wir ein Leben lang. Bedürfnisse dagegen können wir befriedigen. Einem Bedürfnis liegen somit immer Werte zugrunde. Oder sie leiten sich 1:1 von ihnen ab, wenn es sich um langfristige, tiefgründige Bedürfnisse handelt: Wohlbefinden ist in dem Sinn sowohl ein Bedürfnis wie ein Wert.

Nachdem wir das geklärt haben geht’s los mit unserem Küchenkrimi aus 7 Fallstricken zum Thema: Wann versagen Werte in Unternehmen?

 

Erster Fallstrick: Mangelndes Wissen führt dazu, dass Werte in Unternehmen versagen

Sollte das der Fall sein, setzen Sie Ihre Firmenwerte nicht gewinnbringend ein. Sie kennen Ihre Werte nicht? Dann fragen Sie am besten einmal jemand Aussenstehenden, welche Werte Sie implizit oder unbewusst ausstrahlen: Mit dem Logo, mit Ihren Fotos auf der Homepage, mit der Art, wie Sie mit Ihren Kunden umgehen. Mit den Anekdoten oder Geschichten, die Sie erzählen. Unternehmen folgen immer Werten.

OK. Und weshalb genau sind Werte für mein Unternehmen gewinnbringend?

Hier die Antwort: Weil sie der Zugang, die Brücke sind zu anderen Menschen. Das haben sie übrigens mit den Geschichten, mit Storytelling gemein. Denn Menschen denken, fühlen und entscheiden intuitiv oder bewusst aufgrund ihrer Werte.

In der Kommunikation ist dieses Wissen deshalb wichtig, weil Sie damit die Menschen der sonst oft rational gedachten Zielgruppen besser überzeugen und somit führen können.

Sie sind am Einkaufen und stehen vor dem Jogurt-Kühlregal. Die Auswahl an Erdbeer-Jogurts ist gross.

Welches nehmen Sie?

  • Das billigste Jogurt (Wert: Sparsamkeit)
  • Jenes mit dem Regio-Label (Werte: Sicherheit, Solidarität, Verbundenheit)  
  • Wann immer möglich Bio (Werte: Naturliebe, Sorge tragen)
  • Sie legen ein veganes Erdbeer-Jogurt in den Einkaufswagen (Werte: Tierwohl, Weltoffenheit)
  • Das wo möglichst natürlich ist (Werte: Genuss, Naturliebe, Nostalgie)
  • Jenes mit wenig Zucker (Werte: Gesundheit, Genuss)
  • Ihnen ist all das egal und sie nehmen das teuerste Jogurt (Werte: Exklusivität, Luxus, Vertrauen).

Sie sehen aufgrund der Erdbeer-Jogurt-Beispiele, dass es letztendlich Werte sind, die unser Handeln, unser Entscheiden steuern. Entweder entscheiden wir in einem Sekundenbruchteil impulsartig, etwa weil uns eine neue Verpackung ins Auge fällt. Oder wir agieren wohlüberlegt und kaufen das, was wir für sinnvoll halten.

Ein Erdbeer-Jogurt gemäss unserer Werte auswählen: Das können wir erst, seit wir in einer Überfluss-Welt leben. Vorher waren die Menschen froh, dass es überhaupt Erdbeerjogurt gab – und das zu einem erschwinglichen Preis. Deshalb sind Werte enorm wichtig geworden. Unternehmer müssen Werteparität mit ihrer Zielgruppe herstellen. Damit sind wir in einem werteorientierten Zeitalter angekommen.

Weil wir uns nun von unseren inneren Antreibern beim Einkaufen leiten lassen können, differenzieren sich Produkte immer mehr über Werte. Mehrwerte, die ein gutes Gefühl geben. Weil sie schliesslich zu einem guten Leben beitragen.

Es sind nicht nur die Produkte, sondern auch ganze Unternehmen, die sich aufgrund von Werten positionieren und sich entsprechend in Stellenausschreibungen vermarkten.

Dank bewusst differenzierten Werten ragen Produkte oder Unternehmen wie ein Baum aus dem Wald heraus. Das ist der Werte-Aspekt aus Marketing und Verkauf.

Ein anderer Aspekt für die Werte-Relevanz ist die Firmenkultur, welche wir an einer bestimmten Werthaltung erkennen. Entweder die Kultur ist träge wie ein Dampfer oder dynamisch wie ein Segelboot oder dann etwas zwischen drin.

Falls Sie sich diesen machtvollen Steuereffekt von Werten noch nicht bewusst gemacht haben, passiert im Firmenalltag vordergründig erstmal gar nichts. Sie machen einfach weiter wie bisher. Es passiert aber dann etwas, wenn Sie eine tolle Geschäftsidee umsetzen oder die Teamkultur fördern möchten.

Ihre Mitarbeiter sagen vielleicht im Meeting erstmal aus der Vernunft heraus «ja» dazu. Sobald es aber darum geht, Nägel mit Köpfen zu machen, die Strategie umzusetzen, meldet sich ein komisches Bauchgefühl. Die Mitarbeiterin ist plötzlich nicht mehr so motiviert und windet sich. Der Mitarbeiter schiebt die Aufgabe auf und kann überhaupt nicht überzeugt werden, dass das Erledigen doch so wichtig ist. Da sind mächtige Anti-Werte und entsprechende Gefühle im Spiel.

Werte bestimmen nicht nur, wie wir entscheiden, sondern als Mensch die Welt wahrnehmen. Was wir wirklich über ein Thema denken. Und somit wie wir handeln. Gesellschaftliche Kulturen und Unternehmenskulturen werden durch Werte gefärbt. Sie sind unsere Filter, die es uns schwer machen, dass wir etwas objektiv beurteilen können. Und es sind unsere inneren Gummibänder, die uns immer wieder bremsen, wenn wir losmarschieren möchten.

Der Management-Vordenker Peter F. Drucker hat diese Tatsache bildstark auf den Punkt gebracht. «Kultur isst Strategie zum Frühstück» lautet eines seiner berühmten Zitate. Der grundsätzliche Fehler besteht darin, die Unternehmenskultur zu unterschätzen. Hier ist ein Blog-Artikel, der vertieft darauf eingeht.

Peter F. Drucker mit einem seiner berühmtesten Zitate
(Quelle: der-bank-blog.de)

Werte fressen ganze Strategien auf, die wir begeistert am Flipchart entworfen wurden.

Gruselig. Wie kann ich diesen Fallstrick umgehen? 

Sie machen sich und Ihren Mitarbeitern die Wichtigkeit von Werten erstmal bewusst. Wer nicht möchte, dass Werte in Unternehmen versagen , sollte ihre Wirkung kennen. Zur Erinnerung die zwei Faktoren: Sie spielen im heutigen Marketing eine immense Rolle (Stichwort: differenzieren und positionieren mit Mehrwerten). Zweitens bestimmen sie machtvoll die Firmenkultur.

Wer Strategien verändern möchte, muss Werte verändern.

Wenn das klar ist, können Sie miteinander eine Bestandesaufnahme der Firmenwerte machen und sich überlegen: Welche sind ok? Welche hindern uns bei der neuen Strategie? Welche brauchen wir für unsere Weiterentwicklung im Wandel? Welcher Wert spiegelt das Warum, die Motivation hinter der neuen Geschäftsidee?

 

Zweiter Fallstrick: Nicht alle Werte lassen Augen leuchten

«Qualität», «langjährige Erfahrung», «Top-Service» oder «Innovation» und «Professionalität» sind Werte, die hinlänglich bekannt sind. Aus der BMW-Werbung kennen wir «Vorsprung durch Technik». Neu hinzugekommen ist der Wert der Nachhaltigkeit. Also textet eine Agentur «Vorsprung durch Nachhaltigkeit» für die Werbekampagne einer anderen Firma. Und weil die Firmen erkannt haben, dass der Wert «Emotionen» wichtig geworden ist, werben sie eben auch mit Emotionen.

Werbeplakat_Wenn_Werte_in_Unternehmen_versagen
Genügt es, Werte aufzuzählen, um Menschen zu erreichen?
Ein Werbeplakat in Luzern (Bild: Ingrid Schmid)

Wenn ich im Workshop diese Begriffe als Beispiele für leere abstrakte Begriffe aufzähle, wissen die Teilnehmer sofort, was ich meine. Sie winken ab. Und dennoch scheint es, als hätten sich die KMUs in diesem Land, aber auch Grossfirmen an solchen Werte-Aufzählungen festgebissen.

Weil es ja im Grunde genommen stimmt. Ich möchte kein Erdbeerjogurt aus der Region, wenn die Qualität nicht stimmt. «Langjährige Erfahrung» gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Und dass wir nachhaltig sind, ist ein Gebot der Stunde.

Das Problem: Mit Aufzählungen von Werten sagen wir zwar, dass sie uns wichtig sind, sind damit aber noch nicht im Leben der Menschen. Wir kleben noch immer zu sehr an der stolzen Beschreibung der eigenen Firma fest. So gibt’s keine leuchtenden Augen – und im Internet werden Sie weggeklickt.

Wie kann ich unsere Werte leuchten lassen und vermeide so, dass sie versagen?

Wenn Ihnen folgende Erkenntnis durch und durch bewusst ist:

Es liegt in der Natur der Menschen, dass sie innerlich bei jedem Angebot, bei jeder Werbung eine Frage stellen: Was bringt es mir?

Diese Frage zu beantworten wird umso wichtiger, je mehr die Menschen wählen können.

Ein Beispiel:

Was bringt es Ihnen, sagen wir als Business-Kunde, wenn eine andere Firma, die mit Ihnen zusammenarbeiten möchte, sich mit «professionell» verkauft? Dann lohnt es sich zu überlegen, was der Nutzen von «professionell» ist:

  • Spart Zeit
  • Senkt den Aufwand
  • Vermeidet Ärger

Und so weiter. Sehen Sie den Unterschied? Je besser Firmen die Probleme erkennen, die der Kunde in Vergangenheit hatte, umso einfacher lässt sich daraus der Nutzen auf den Punkt bringen. Und so wie eine kleine Geschichte wirkungsvoll erzählen.

Werte in Nutzen übersetzen ist der erste Schritt, wenn Sie vermeiden möchten, dass Ihre Werte versagen. In unserem Beispiel haben wir Professionalität in einen griffigen Nutzen für alle die es angeht übersetzt.

Nun ist es so, dass es verschiedene unterschiedlich emotionale Nutzen-Stufen gibt:

  • Die erste Ebene ist die funktionale. Dazu gehören die Nutzen-Beschreibungen für die Professionalität, die ich oben aufgeführt habe.
  • Die zweite Ebene gehört den kurzfristigen Emotionen. Hier geht es darum, die Menschen glücklich zu machen. Da kommen Nutzenelemente wie Wohlergehen, Unterhaltung oder Belohnung ins Spiel.
  • Es geht weiter mit der dritten, der langfristig emotionalen Ebene. Sie wird auch die lebensverändernde oder soziale Ebene genannt. Der Nutzen, den wir hier bringen, wirkt im Unterschied zur emotionalen Ebene langfristiger. Status und die Zugehörigkeit zu einer Kultur oder Community wird wichtig, die Sehnsucht nach Selbstverwirklichung und Erfolg oder nach Freiheit und Abenteuer. In dieser Nutzen-Kategorie bewegen sich die grossen Marken und Blockbuster-Filme.
  • Schliesslich geht’s dann noch um die vierte, die transzendentale Ebene. Hier nehmen Sie sich als Teil des grossen Ganzen wahr und stiften als Firma einen gesellschaftlichen Beitrag durch das, was Sie tun: Indem Sie Verantwortung übernehmen und etwas von Ihrem Gewinn wieder zurückgeben oder sich wohltätig engagieren.

In einer Studie wurden während drei Jahrzehnten Menschen mit Tiefeninterviews befragt, weshalb sie etwas kaufen. Das Ergebnis sind 30 Nutzenelemente, welche diesen vier verschiedenen Emotions-Ebenen zugeordnet wurden.

Unternehmen, welche diese Nutzenelemente in ihre Kommunikation integrieren, erzielen nachweislich mehr Umsatz. Weil die Firmenwerte nicht versagen.

Am Ende dieses Beitrags können Sie mit dem Link die bewährte Pyramide der 30 Nutzenelemente hinunterladen. Ich habe sie in den letzten Jahren weiterentwickelt. Ich nenne sie gerne auch «Leuchtfeuer-Pyramide», um den Nutzen des Tools direkt zu nennen.

Mit diesem Tool bringen Sie Ihre Werte und somit Ihre Kommunikation zum Leuchten.

 

Dritter Fallstrick: Missachtung des Türstehers

Vor unserem Gehirn steht ein Türsteher: Geschichten dürfen rein, Fakten müssen draussen bleiben. Solange Werte Fakten bleiben, passiert nichts. Ausser dass sie uns ein Gähnen entlocken.

Spätestens seit wir wissen, wie unser Gehirn funktioniert und somit der Mensch tickt – und das wissen wir erst seit ein paar Jahren dank hartnäckigen Gehirnforschern – spätestens seitdem wird Storytelling als Rezept für wirksame Kommunikation angepriesen.

Schauen wir uns an, was Geschichten sind. Nach der Duden-Definition nichts anderes als ein geordneter Ablauf von Handlungen. Wir hören und lesen gerne Texte mit dieser Struktur:

  • «Früher… heute… morgen.»
  • «Zuerst kommt das, dann das, am Ende nehmen wir das.»
  • «Es war einmal… dann ist das passiert… die Frau hat das gesagt, dann kam etwas ganz Schwieriges und… wir haben versagt.»
  • Ich nahm dieses Wunder-Werkzeug und ging hinaus in die Freiheit.
  • Wir haben gewonnen, obwohl uns damals diese und diese Steine in den Weg gelegt wurden.

Der Mensch erinnert sich in Form von Geschichten – nicht Begriffen. Wir erzählen, erklären und rechtfertigen unser ganzes Leben in Geschichten. Das sind Narrative. Jeder Mensch hat sein eigenes Narrativ und stellt den gleichen Sachverhalt anders dar, weil immer Werte und somit Bewertungen wie ein Filter mit im Spiel sind. Es ist fast unmöglich, einen Sachverhalt objektiv zu schildern. Ein Polizist, der anschliessend an eine Demonstration die Beteiligten befragt, weiss ein Lied davon zu singen.

Der Punkt ist: Wir glauben diese Geschichte. Sie ist die Wahrheit für uns. Deshalb spricht man oft auch von «Glaubenssätzen».

Somit ist es wichtig, dass auch Sie als Firma solche Glaubenssätze bauen statt nur mit Fakten und Begriffen zu kommunizieren, die fürs Gehirn keinen Sinn geben. Und so die Menschen erreichen und berühren können.

Doch welche Sprache brauchen Unternehmen in ihren Leitbildern?

«Wir legen grossen Wert darauf, dass Fehler passieren dürfen, weil wir Risiken bewusst eingehen wollen».

In etwa so wird die neue Fehlerkultur beschrieben. Was passiert jetzt? Der Türsteher blockt und lässt diesen Satz gar nicht rein. So versagen Firmenwerte.

Die Firma Lush ist Herstellerin von biologischen Badezusätzen. Sie formuliert die Werthaltung des «Fehler machen Dürfens» im Einklang ihrer Produkte so: «Wir glauben, dass man Fehler machen, alles verlieren und wieder von vorne anfangen darf.» Deshalb dürfen wir nach einem langen Arbeitstag das Leben geniessen: Mit langen Bäder bei Kerzenlicht, gemeinsamen Duschen und Düften, die das ganze Haus erfüllen. Ganz ohne schlechtes Gewissen.

Weiter unten im Blog habe ich dieses Leitbild als Bild angefügt.

Tönt spannend. Wie soll ich vorgehen, damit ich am Türsteher vorbeikomme und Werte nicht versagen?

Machen Sie aus Business-Sprache eine Alltags-Sprache. Übersetzen Sie Werte zuerst in Nutzen mit der Leuchtfeuer-Pyramide und machen Sie dann eine Geschichte nach dem oben genannten Muster. Erläutern Sie mit einer griffigen Fall-Geschichte aus dem Firmenalltag, wie ein wichtiger Verhaltenswert gelebt sein will. 2 Sätze genügen. So können sich die Mitarbeiter einen Reim machen, was gemeint ist. Sie glauben daran und werden das auch nicht mehr vergessen.

Machen Sie aus Werten Lifestyle. Möglichst menschlich und damit sympathisch – also nicht werberisch. Sie wissen, was ich meine: Die klassische Werbung vermittelt folgende Haltung: Wir sind die Grössten und Besten. Wenn jemand das heutzutage sagen darf, sind das die Kunden.

Storytelling hingegen geht auf unsere Schwächen ein und macht Stärken daraus. So werden Werte mit Hilfe von Geschichten glaubhaft.

 

Vierter Fallstrick: Die Seele des Unternehmens unter den Teppich kehren.

Firmenwerte versagen, wenn eine neue Geschäftsführerin das Unternehmen komplett umkrempeln und «auf Vordermann bringen möchte». Dazu wird eine Strategie erarbeitet. Vielleicht sogar eine neue Marke designt. Und weil die Geschäftsführerin die Macht der Werte kennt, beruft sie einen Werte-Workshop ein. Dort bestimmen die Mitarbeiter miteinander die Wunsch- und Zielwerte. In den folgenden Monaten werden sie systematisch und spielerisch verankert.

Und was ist jetzt daran nicht gut?

Es fehlt eine IST-Analyse. Eine Chefin, die möchte, dass die Mitarbeiter ohne allzu grossen inneren Widerstände mitmarschieren, muss ihre innere Fitness kennen. Heisst: die bestehende Firmenkultur. Aus irgendeinem Grund hat diese Kultur bislang genügt. Die Beteiligten haben sich an das Grundrauschen gewöhnt. Das wirkt sich auf die Grundhaltung aus. Das wirkt sich auf die Art und Weise aus, wie To dos angepackt werden. In der Markensprache redet man von der DNA oder der Seele einer Firma. Die Seele ist wie die Haut, in der wir stecken.

Und die darf nicht einfach unter den Teppich gekehrt – noch schlimmer: ignoriert werden. Weil alle, die es angeht, sich wohl in dieser Haut gefühlt haben.

Wie komme ich der Seele auf den Grund und wie verändere ich sie, damit die gewünschten Werte wirken?

Eine Seele lässt sich wie die Erbstruktur nicht verändern. Das mussten schon ganz grosse Marken einsehen, die sich völlig neu positionieren wollten. Verändern können Sie die Firmen-Identität oder Firmen-Persönlichkeit. Aber erst nachdem Sie die gelebten Werte erfasst und gemäss ihrer Zukunftsfähigkeit bewertet haben.

Die Identität bestimmt das WIR-Gefühl. Dieses bildet sich aus den Antworten auf folgende Fragen:

  • Wer sind wir?
  • Was macht uns stolz?
  • Welche Werte haben uns bislang stark gemacht?
  • Warum tun wir, was wir tun?
  • Wie definieren wir Erfolg?
  • Feiern wir Erreichtes?
  • Was tun wir anders als bisher?
  • Welche neuen Werte brauchen wir dazu?

Um auf die neue Identität und das damit verbundene Gefühl einzuwirken, eignet sich auch hier wieder eine spannende Geschichte.

Leuchtende Marken brauchen einen Markenkern (die Seele) wie auch neue Werte. Die Lösung liegt im «Sowohl als auch». Zum Beispiel sowohl in der Bodenständigkeit wie auch in der Offenheit für neue Chancen. Das ist wie bei einem Baum, der in den Himmel wachsen will: Er braucht starke Wurzeln, damit er sich nach oben strecken kann.

 

Fünfter Fallstrick: Unser menschliches Ego

«Werte, Wünsche, Wirklichkeit»: So hiess kürzlich ein Vortrag in Luzern. Die Zuhörer waren Lebensmittel- und Landwirtschafts-Experten. Der Redner griff die frustrierende Tatsache auf, dass viele Bekenntnisse Lippenbekenntnisse sind. Viele Menschen behaupten, dass sie beim Einkaufen auf ökologisch produzierte Lebensmittel achten – tun es aber dann doch nicht. Etwa weil der Preis plötzlich wichtiger ist.

Wenn Werte im Unternehmen versagen ist das manchmal auch, weil sie in der Gesellschaft versagen.

Ein anderes Beispiel: In meinen Workshops wird Team-Zusammenarbeit gerne als den Wert (oder richtigerweise das Bedürfnis) genannt, der das Unternehmen schon länger stark macht. Spannend wird es, wenn ich nachfrage, ob das alle vorbehaltlos unterstützen. Einmal Nicken im Kreis. Zweite Frage: Wie oft gibt es Situationen, wo das Team nicht spielt? Gerade in brenzligen Situationen? Weil beispielweise immer die gleichen Personen wütend werden, weil ihre Meinung schon wieder nicht akzeptiert wird? Obwohl sie sich völlig im Recht fühlen?

Immer Recht haben wollen. Folglich sich nicht zurücknehmen können: Das ist der Gegenspieler von Entscheidungen, die im Team getroffen werden. Dieses Verhalten kann Beziehungen zerstören.

Bei ökologisch produzierten Lebensmitteln ist der Gegenspieler das Portemonnaie.

Beiden Gegenspielern gemeinsam ist das Ego. Plötzlich sind unsere eigenen Bedürfnisse und Wahrnehmungen wichtiger als die des Teams oder der Gesellschaft. Sie sind wichtiger als Gemeinschafts-Werte. Wichtiger als Werte, die gut sind für unseren Planeten.

Eigentlich wissen wir es, was unsere Welt gut machen würde. Und im Kleinen unsere Firma.

Wir Menschen verhalten uns immer wieder schizophren. In der Gehirn-Sprache gibt es dazu den Fach-Begriff der «Kognitiven Dissonanz». Das ist dann der Fall, wenn wir einen Konflikt spüren: Zwischen Überzeugungen, Gefühlen und Werten. Es entsteht ein Spannungszustand.

Wie reagieren wir dann?

Indem wir diese unangenehme Spannung möglichst schnell überwinden und einen Entscheid fällen. Was nicht passt, wird jetzt passend gemacht und im Nachhinein so gerechtfertigt – ein Narrativ daraus geformt.  

Eine Ursache für diese Schizophrenie – also anders agieren als eigentlich gut ist – liegt im Ur-Ur-Ur-Wert der Menschheit: die Sicherheit. Mit Argumentationen und unserem Verhalten sichern wir unsere behagliche Komfortzone. Obwohl wir damit gerade einen proklamierten Wert verletzen. Doch die Sicherheit ist unser Instinkt. So kämpfen wir auch im Alltag noch immer ums Überleben und flüchten bei Gefahr auf die Bäume. In Sicherheit. Anders als unsere vielen Alltags-Geräte hat unser Gehirn seit 70’000 Jahren kein Update mehr bekommen.

Wenn wir immer unsere Meinung durchdrücken wollen, steckt das Bedürfnis nach Machtausüben und Stolz dahinter.

Es ist unser Ego, das verhindert, dass Firmenwerte reibungslos gelebt werden können. Dass Firmenwerte versagen. Und es ist unser Ego, dass die Welt nicht einfach nur schön ist. Wo Licht ist, ist auch Schatten.

Was können wir tun, um uns aus dem Ego-Fallstrick zu befreien?

Ausschalten können wir das Ego nicht. Die Lösung beginnt dort, wo Sie sich dem Ego bewusst werden. Übrigens auch das Ego von sich selbst anerkennen. Am besten tun wir das mit einer milden Haltung,

So lassen sich viele «ausscherende» Verhalten besser erklären und sanftmütiger angehen.

Oft hilft ein Gespräch, um die dahinter liegenden Bedürfnisse nach Sicherheit oder Macht zu erkennen. Wenn notorische Egozentriker störend für den Aufbau einer neuen Firmenkultur sind, lohnen sich Coachings für die Persönlichkeitsentwicklung.

 

Sechster Fallstrick: Das Gift von Zynismus und Ironie lassen Werte im Unternehmen versagen

Die Mitarbeiter kommen frisch motiviert aus dem Werte-Workshop und ebenso energievoll starten sie am nächsten Tag mit der Arbeit. Denn sie haben erkannt, was sie stark macht. Das tut gut. Dank diesem Werte-Fundament wollen sie ein Gross-Projekt selbstbewusst angehen.

Bis zur Pause in der Teeküche ist die Stimmung fantastisch. Als dort der Workshop nochmals zur Sprache kommt, verzieht ein Mitarbeiter hämisch seine Mundwinkel und murmelt:

«Ja ja, wir sehen dann übermorgen, was unsere Werte wert sind.»

Es gibt ein Gift, das die Kraft und Dynamik von Werten im Unternehmen versagen lassen, in Sekundenschnelle zerstören kann: Zynismus und Ironie.

Was können Unternehmen dagegen machen?

Wie bei allem Gift: Es kennen und vorsorgen. Falls dies nicht bereits der Fall am Workshop war, sollten Sie es als Vorgesetzte bei der Feedbackrunde präventiv thematisieren. Für Zynismus sollte eine Null-Toleranz gelten. Wenn Zyniker beginnen, ihr Gift zu verspritzen, gilt es, deren Botschaften sofort mit einem Anti-Gift mit einer klaren Kommunikation wirkungslos zu machen:

«Zyniker haben hier nichts zu suchen.»

«Wenn du Zweifel hast an unserem Goodwill, dann sprich ihn an der nächsten Team-Sitzung an. Bitte in einer aufbauenden Haltung.»

Wenn das nichts nützt, sollten Sie ein Exempel statuieren und sich von diesem Mitarbeiter, von dieser Mitarbeiterin trennen.

 

Siebter Fallstrick: Es fehlt ein verhaltensorientiertes Leitbild in Wir- und Erzähl-Sprache

Sie kennen nun bereits 6 Fallstricke und die Massnahmen. Damit Werte im Unternehmen nicht versagen.

Als letzte Konsequenz müssen wir noch den 7. Fallstrick aus dem Weg räumen: Ein Leitbild, welches ungenutzt irgendwo herumhängt oder in einer schönen Broschüre im Schrank verstaubt – und den Glaubenssatz, dass so ein Leitbild sowieso nichts bringt.

Der Fehler der meisten Leitbilder liegt darin, dass sie zu zu fachlich, zu komplex formuliert sind. «Wir sind bestrebt, nachhaltig zu sein.» So spricht kein normaler Mensch.

Zweitens kann und will sich niemand merken, was alles drin steht.

So verliert das Leitbild seine Funktion: Zu leiten und begeistern, wenn es darauf ankommt. Zu leiten und motivieren, wenn wir an einem Punkt sind, wo wir nicht weiterwissen.

Mit einem werthaltigen und merkfähigen Leitbild dagegen:

  • verankern Sie Ihr Werte-Bewusstsein
  • sorgen Sie so dafür, dass wichtige Werte im Unternehmen nicht versagen
  • setzen Sie Werte-Prioritäten
  • lassen Sie einen strategischen Wert mittels einer Geschichte aufleuchten
  • Machen Sie klar, welches Verhalten erwünscht ist, um die Strategie möglichst ohne grosse Reibungsverluste umzusetzen
  • haben Sie eine Führungsgrundlage
  • stiften Sie Identität
  • und tragen zur Sinnerfüllung bei: auch für Ihre Kunden!

So sorgen Sie dafür, dass Werte zum Erlebnis werden.

Daraus folgt – logischerweise – diese Empfehlung, um den 7. Fallstrick zu umgehen:

Investieren Sie Ihre Zeit in ein Leitbild. Sprechen Sie dabei die Fallstricke an. Und spannen Sie von Anfang an die Mitarbeitenden ein, damit die Wir-Sprache die natürlichste Sache der Welt ist und entsprechend wirksam sein kann. Setzen Sie alles daran, dass dieses Leitbild möglichst einfach formuliert ist – das ist nicht einfach und verlangt Abstriche. Meiden Sie insbesondere Fachjargon, übersetzen Sie in Alltags-Sprache. Überlegen Sie sich, ob Sie das Leitbild mit Ihren Kunden teilen möchten, wie die Firma Lush dies auf grossen Tafeln in ihren Geschäften macht.

Das Leitbild oder «Glaubensbekenntnis» von Lush.
(Bild: Ingrid Schmid)

Unterscheiden Sie bei den werthaltigen Verhaltenssätzen für Ihr Leitbild

  1. was die Firma stark macht
  2. was sie im Gegensatz zum Wettbewerb auszeichnet und
  3. wie sie zum guten Leben beitragen möchte.

Zuguterletzt: Wenn Sie begeisterter Storyteller sind, merken Sie sich die Geschichte, wie Ihr Leitbild entstanden ist. Beginnen Sie zum Beispiel so:

«Früher war uns nicht bewusst, was Werte bringen. Und weshalb Werte in Unternehmen versagen können. Bis eines Tages… Doch es war nicht so einfach, denn… Zum Glück schafften wir es trotzdem und deshalb kann ich euch heute stolz unser Leitbild präsentieren. Danke an alle, die daran mitgewirkt haben. Aber vor allem Danke allen, die sie ab heute wie eine Leitschnur sehen. So leben wir, was uns wichtig ist, was uns stark und besonders macht und wie wir zum guten Leben beitragen möchten.»

Happy End 🙂

Fazit:

Werte bestimmen, wie wir denken, fühlen und handeln. Ohne sie können wir weder führen noch entscheiden. Wer die Menschen vor allem im Wandel überzeugen und führen möchte, muss sie emotional erreichen: Über Werte. Wir können sie wie Brücken zu den Menschen und ihrem Bedürfnis nach einem guten Leben benutzen. Wenn die proklamierten, beabsichtigten Werte versagen, sind unter Umständen andere, stärkere Werte im Spiel, die Sie ansprechen sollten. Sehr oft ist das Ur-Bedürfnis nach Sicherheit im Spiel. Werte versagen auch, wenn sie zu abstrakt formuliert, zu wenig griffig sind. Wenn sich die Beteiligten kein Bild davon machen können und das entsprechende Verhalten nicht kennen. Und wenn keine Sanktionen folgen, falls proklamierte Werte verletzt werden. Erst wenn Werte erlebbar werden, zum Lifestyle geworden sind, machen sie Unternehmen wirklich stark, einzigartig und sinnstiftend.

Damit Sie dahingehend wirken können und die richtigen Mitarbeiter anziehen, sollten Sie die Fallstricke kennen.

Hier nochmals die 7 Fallstricke zum Merken. Damit Werte in Unternehmen nicht versagen:

  1. Mangelndes Wissen, warum Werte wichtig sind
  2. Nicht alle Werte lassen Augen leuchten
  3. Missachtung des Türstehers
  4. Die Seele unter den Teppich kehren
  5. Unser menschliches Ego
  6. Das Gift von Zynismus und Ironie
  7. Es fehlt ein verhaltensorientiertes Leitbild in Wir- und Erzählsprache

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Wie verwandle ich abstrakte Werte in Nutzenargumente und sorge so dafür, dass Werte nicht versagen?
Hier können Sie den aufschlussreichen Fach-Artikel zur Leuchtfeuer-Pyramide bestellen.

In diesem Blog-Artikel zeige ich Ihnen 7 Tools, mit denen Sie Ihre leuchtenden Firmenwerte teilen (manchmal auch, ohne es zu ahnen)

 

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